Mittwoch, 2. Juni 2010

Reinhard Mey


Und vor Schwarzkittel, Füchschen, nimm dich ja in acht,
Er heuchelt Demut, doch er schielt nach der Macht,
Er täuscht und trügt mit frommen Redensarten.
Er predigt Wasser, dabei trinkt er selber Wein
Und redet dir Schuld und Sünden ein
Und wildert an der Brut im eignen Garten.
Immer salbungsvoll, immer verkorkst und geil,
Sorgt sich der schlimme Finger um dein Seelenheil.
Sieh ihn selbstgerecht die teig'gen Hände reiben!
Er will dich eingeschüchtert und verschreckt und brav,
Will dich als willenloses, stummes Schaf,
Denn nur mit Ahnungslosen kann er's so bunt treiben.
Doch gleichviel ob der schmierige Wicht
Dir Fegefeuer oder Paradies verspricht,
Füchschen, glaub' ihm nicht!

Hör was der alte Reineke dir sagt:
Wenn auch nur der allerkleinste Zweifel an dir nagt,
Füchschen, glaub' ihm nicht!


Flaschenpost, 1998

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